Aktuelle Pressemeldung

Die Politik muss jetzt handeln: Betriebe in Not können nicht länger auf Hilfe warten

Gemeinsame Erklärung des Westdeutschen Handwerkskammertages (WHKT) sowie des Bayerischen Handwerkstages (BHT): 

Die schnelle Krisenreaktion des vergangenen Jahres – speziell auch in Bayern und Nordrhein-Westfalen – verbunden mit den Soforthilfen haben vielen Betrieben geholfen, den ersten Lockdown zu überstehen. Diese gemeinsame Leistung erkennt das Handwerk insgesamt an. Doch die Lage für die vom Lockdown unmittelbar betroffenen Handwerksbetriebe spitzt sich seit dem Jahreswechsel bedrohlich zu. 

Zum einen gibt es für jene Betriebe, die Mitte Dezember des vergangenen Jahres in den zweiten Lockdown gehen mussten, immer noch kein überzeugendes Hilfskonzept. Im Gegenteil: Sie sind von den Dezember-Hilfen ausgeschlossen. Die in Aussicht gestellten Überbrückungshilfen werden zum Beispiel Friseurbetrieben mit wenigen Angestellten in keiner Weise gerecht. Das zweite Problem ist die schleppende Auszahlung der versprochenen Hilfsleistungen auch für jene Betriebe, die antragsberechtigt sind für November- und Dezemberhilfen. Dazu gehören zum Beispiel viele Kosmetikbetriebe. Ein Großteil der betroffenen Handwerksunternehmen befindet sich mittlerweile in einem Existenzkampf. Wenn nicht gehandelt wird, wird es eine nie da gewesene Pleitewelle bei Betrieben der körpernahen Dienstleistungen geben.  

In dieser Pandemie erbringen per Verordnung geschlossene Handwerksbetriebe ein riesiges Solidaropfer. Sie sind zur Untätigkeit verurteilt. Die betroffenen Betriebe haben Anspruch auf Hilfsleistungen, Gleichbehandlung und fordern ihrerseits zurecht Solidarität und finanzielle Unterstützung. Ausbleibende und verzögerte Hilfszusagen untergraben auch die vom Handwerk getragenen Bemühungen, den Kampf gegen das Virus als gesamtgesellschaftliche und gemeinsame Aufgabe zu verstehen. Die in Aussicht gestellte Verschärfung und Verlängerung des Lockdowns noch in dieser Woche erhöht den Handlungsdruck zusätzlich. Gemeinsam fordern wir die Politik in Bund und Land zum Handeln auf:

  1. Es muss alles getan werden, um die Auszahlung zugesagter Hilfsleistungen für die betroffenen Betriebe zu beschleunigen. Die Antragsverfahren müssen angepasst werden und so einfach und unbürokratisch wie irgend möglich sein.
  2. Diejenigen Betriebe, die Mitte Dezember 2020 schließen mussten, dürfen nicht länger weitgehend durch das Raster der Hilfsleistungen fallen. Insbesondere für sie muss eine gleichwertige »Januar-Hilfe« schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden. 
  3. Alles, was den Betrieben jetzt schnell Liquidität verschaffen kann, muss auch genutzt werden. Dazu gehören auch kurzfristige steuerliche Lösungen: etwa Verbesserungen bei den Verlustrückträgen und der Thesaurierungsrücklage oder bei Sonderabschreibungsmöglichkeiten. Für viele Betriebe wäre es auch eine Erleichterung, wenn die Zahlungsfrist für die Umsatzsteuer verlängert würde. Wir appellieren zudem an die Banken und Sparkassen, ihrer Verantwortung vor Ort gerecht zu werden und gerade jetzt betroffenen Betrieben bei der Liquiditätssicherung zur Seite zu stehen.
  4. Auf der Grundlage einer erfolgreichen Eindämmungsstrategie muss die Politik allen betroffenen Branchen eine verlässliche und realistische Perspektive aufzeigen, unter welchen Bedingungen eine Öffnung des Geschäftsbetriebs wieder möglich ist. In allen Branchen des Handwerks gibt es nach den Erfahrungen der vergangenen Monate überzeugende Hygienekonzepte der Berufsgenossenschaften, die von den Betrieben schon jetzt oftmals übererfüllt werden.
  5. Sollte es zu einer Verlängerung der Schließungsverfügungen kommen, müssen die Hilfskonzepte für die kommenden Wochen jetzt auf den Weg gebracht werden. Die Betriebe brauchen solange schnelle und unbürokratische Hilfe, bis sie wieder öffnen dürfen. Wir dürfen hier nicht immer wieder Zeit verlieren. Auch wenn der Virus unberechenbar ist, die Folgen von Schließungen sind es nicht. 


Hans Hund, Präsident des Westdeutschen Handwerkskammertages: »Die Politik muss jetzt handeln, sonst nimmt die Akzeptanz der politisch beschlossenen Corona-Maßnahmen nachhaltigen Schaden. Das kann niemand wollen. Wir alle wollen Corona so schnell wie möglich hinter uns lassen.«

Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages: »Wir fordern mit Nachdruck von den politisch Verantwortlichen in Bayern und Nordrhein-Westfalen: die beiden größten Bundesländer müssen vorangehen und Druck machen, dass die wirtschaftliche Substanz in den betroffenen Branchen erhalten bleibt. Es geht um viele tausende Arbeits- und Ausbildungsplätze.«

Matthias Heidmeier, Hauptgeschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertages: »Die Stimmung bei den betroffenen Betrieben ist auf dem Nullpunkt. Wir brauchen jetzt klare und verlässliche Signale für Hilfe und Perspektiven.«

Frank Hüpers, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handwerkstages: »Weder Kosmetikstudios noch Friseursalons sind je als Corona-Hotspots aufgefallen. Die Existenz tausender gut geführter Betriebe, die vollkommen unverschuldet in Not geraten sind, steht aber nun auf dem Spiel.«