WHKT-REPORT 07-08/2020:

Gemeinsam aus der Corona-Krise! Kommunalpolitischer Aufruf des nordrhein-westfälischen Handwerks

Beschluss des Vorstandes von HANDWERK.NRW, Juli 2020

Bei den Kommunalwahlen am 13. September 2020 werden die politischen Weichen in den Gemeinden, Städten und Kreisen des Landes Nordrhein-Westfalen neu gestellt. Das nordrhein-westfälische Handwerk hat dazu bereits im November 2019 seine grundsätzlichen Erwartungen ausführlich dargelegt.

Die Corona-Pandemie stellt uns alle nun vor gewaltige, zusätzliche Herausforderungen – bei der Eindämmung des Infektionsgeschehens ebenso wie bei der Bewältigung der Folgen, die die notwendigen Schutzmaßnahmen auf das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben haben. Auch die Kommunen sind in besonderer Weise gefordert und stehen unter großem Druck. Nur mit starken, leistungsfähigen Kommunen werden wir die Corona-Pandemie bekämpfen und ihre wirtschaftlichen und sozialen Folgen auffangen können. Nur mit starken, leistungsfähigen Kommunen werden die Transformationsprozesse gelingen, aus denen neues Wachstum und höhere Wettbewerbsfähigkeit hervorgehen.

Auf folgende Punkte kommt es aus Sicht des Handwerks jetzt besonders an:

  1. Die ohnehin angespannte Finanzlage vieler Kommunen hat sich durch die Corona-Krise verschärft. Richtig ist, dass die Kommunen bei den vom Bund verursachten Soziallasten mehr Unterstützung bekommen. Wir brauchen darüber hinaus eine strukturelle und dauerhafte Sanierung der Kommunalfinanzen, die solide und vorausschauende Haushaltspolitik belohnt und die hohe Abhängigkeit der Kommunen von konjunkturell schwankenden Gewerbesteuereinnahmen verringert.
  2. Auch viele kommunale Unternehmen sind durch die Corona-Krise unter Druck geraten. Im Handwerk verfolgen wir die zunehmende wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ohnehin mit großer Sorge. Wir sehen uns durch die jüngsten Entwicklungen darin bestätigt, dass die Kommunen sich nicht durch bloße Gewinnerzielungsabsichten in riskante unternehmerische Aktivitäten treiben lassen sollten. Ihre wirtschaftliche Betätigung muss sich strikt auf die Erfüllung solcher öffentlichen Aufgaben konzentrieren, für die keine privaten Anbieter bereitstehen. In der jetzigen Situation darf es erst recht nicht dazu kommen, dass die Kommunen ihre wirtschaftliche Betätigung auf Kosten des Handwerks und anderer Wirtschaftssektoren ausdehnen, um ihre Haushaltsprobleme zu lösen.
  3. Als Antwort auf die Folgen der Corona-Pandemie müssen die Kommunen ihre besondere Verantwortung für die regionale Wirtschaft stärker wahrnehmen. Zusätzliche kommunale Belastungen aller Art durch Bürokratie, Gebühren oder Abgaben müssen unterbunden werden, damit sich die finanziell angespannte Lage der Betriebe nicht weiter verschärft. Insbesondere müssen steigende Hebesätze für die Grundsteuer und die Gewerbesteuer vermieden werden.
  4. In der Corona-Pandemie wurde deutlich, wie wichtig eine funktionierende und leistungsfähige Verwaltung ist – insbesondere bei Planungs- und Genehmigungsverfahren aller Art. Die Kommunen müssen massiv in E-Government investieren, um möglichst viele Verwaltungsdienstleistungen auch in digitaler Form anzubieten, persönliches Erscheinen der Bürgerinnen und Bürgern zur Antragstellung möglichst zu erübrigen und Bearbeitungszeiträume deutlich zu verkürzen. Auch für eine mögliche zweite Welle der Corona-Pandemie müssen die Verwaltungen gewappnet sein, um mit Hilfe von digitalisierten Arbeitsprozessen ihre vollumfängliche Arbeitsfähigkeit sicherstellen zu können.
  5. Die Digitalisierung aller Schulformen muss massiv ausgebaut werden. Bund und Land stellen hierzu richtigerweise viele Mittel bereit. Diese sollten von den kommunalen Schulträgern konsequent abgerufen und in den Ausbau von Infrastruktur für neue Lernformate investiert werden.
  6. Kommunale Investitionen können ein wichtiger Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur und zur langfristigen Verbesserung der wirtschaftlichen Standortbedingungen sein. Wir appellieren an die Kommunen, mit Hilfe der von Bund und Land geschaffenen Fördermöglichkeiten, ihre Investitionstätigkeit möglichst hoch zu halten. Auch die vom Land ermöglichten Vereinfachungen des Vergaberechts können kurzfristig Konjunkturimpulse für die lokale Wirtschaft setzen und bürokratische Kosten reduzieren. Wir appellieren an die Kommunen, diese neuen Freiräume mittelstandsfreundlich zu nutzen.
  7. Beschleunigt durch die Corona-Pandemie, vollziehen sich derzeit gravierende Strukturveränderungen in den Innenstädten und Stadtteilzentren – vordergründig im Einzelhandel, auf lange Sicht auch in anderen Dienstleistungssektoren, in denen der Trend zum Home Office die Arbeitskultur verändern wird. Die Kommunen müssen sich mit den daraus resultierenden Fragen zu Gewerbestandorten, Immobilienmarkt, Wohnungsmarkt und Mobilität frühzeitig und grundlegend befassen und im Dialog mit dem Handwerk und anderen Akteuren städtebauliche Perspektiven für die Innenstadt- und Quartiersentwicklungen aufzeigen und entwickeln. Dazu gehört, dass für das Handwerk geeignete Gewerbeflächen verfügbar sind und dass die Belange des Handwerks in Konzepten für zukünftige Mobilität berücksichtigt werden.
  8. Die konjunkturellen Impulse von Bund und Land zur Überwindung der Corona-Krise eröffnen den Kommunen viele Möglichkeiten, durch die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur und über Initiativen zur Gebäudesanierung Klimaschutzpolitik zu betreiben. Auch die auf den Weg gebrachten strukturpolitischen Unterstützungen der vom Kohleausstieg betroffenen Regionen in Nordrhein-Westfalen sollten diese Aspekte unterstützen. Das Handwerk steht als Partner für kommunale Nachhaltigkeitspolitik bereit, um alternative, ressourcenschonende Formen der Mobilität zu verbreiten und Gebäudesanierung umzusetzen. Kommunale Mobilitäts- und Klimaschutzkonzepte sollten daher nur in enger Abstimmung mit dem Handwerk entwickelt und umgesetzt werden.

Wir werden die Folgen der Corona-Krise nur meistern, wenn wir gemeinsam die örtlichen Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung und die Fachkräftesicherung verbessern.

Wir appellieren deshalb an alle Kandidatinnen und Kandidaten, die sich am 13. September um ein kommunales Mandat bewerben, diese Anliegen des Handwerks zu beherzigen und sich vor Ort für einen starken Mittelstand einzusetzen. Denn er ist die Basis für starke Kommunen! Und deshalb appellieren wir auch an alle Handwerkerinnen und Handwerker und an alle Handwerksorganisationen: Bringen Sie sich in den Kommunen ein, machen Sie Ihr Wort zu allen Dingen, die das Handwerk angehen!

Eine PDF-Datei dieses Kommunalpolitischen Aufrufs finden Sie hier.