WHKT-REPORT Ausgabe 03/2021
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
die Pandemie dauert zermürbend lange. Wir alle hatten auf Entspannung im Frühjahr gehofft, leider tritt nun das Gegenteil ein. Wohl oder übel müssen wir alle noch einmal die Zähne zusammenbeißen. Der Weg aus der Krise führt letztlich nur über das Impfen. Wir hoffen auf die für April angekündigte neue Impfdynamik und dann vor allem auf die Entspannung der Lage – je früher desto besser.
Das Handwerk zeigt in dieser Krise von Beginn an ein hohes Verantwortungsbewusstsein. Ein Verantwortungsbewusstsein, das jetzt auch bei den Corona-Tests gefragt ist. Viele Handwerksbetriebe führen bereits Testungen durch, andere planen, solche Tests kurzfristig ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anzubieten. Vielfach scheitert der Wille zu testen allerdings an fehlenden Test-Kits. Hier braucht es dringend ein größeres Angebot.
Unser Ziel muss sein, dass so viele Betriebe wie irgendmöglich Corona-Selbsttests anbieten. Nur so – verbunden mit einem deutlichen Mehr an Impfungen – werden wir wieder mehr Spielräume in der Pandemiebekämpfung erhalten.
Der wirtschaftliche Schaden der Pandemie ist jetzt schon immens. Wenn deswegen dann auch immer weniger junge Menschen den Weg in die berufliche Bildung finden, dann werden die Schäden irgendwann irreparabel sein. Zu den wichtigsten Aufgaben in der aktuellen Lage gehört es deswegen auch, trotz allem den Kontakt zu den jungen Menschen zu suchen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Pandemie Zukunftschancen der jungen Generation einfach verschluckt. Unsere Botschaft: Ausbildung! Gerade jetzt! Und gerade im Handwerk!
Es grüßt Sie herzlich und wünscht Ihnen im Namen des gesamten WHKT-Teams ein frohes Osterfest
Ihr
Matthias Heidmeier
Hauptgeschäftsführer
Corona-Teststrategie:
Präsidium von HANDWERK.NRW ruft Betriebe und Organisationen des Handwerks zur Unterstützung auf!
Die Corona-Pandemie hat uns weiter im Griff. Der Ausweg liegt in einer schnellen und umfassenden Impfstrategie, für die wir jetzt alle Kräfte mobilisieren müssen. Bis das erreicht ist, müssen wir in den kommenden Monaten versuchen, Infektionsketten durch Testungen und bessere Kontaktverfolgungen frühzeitig zu durchbrechen und sichere Bedingungen für die Arbeitswelt zu schaffen.
Vermehrte Tests sind eine wirksame Brücke, bis allen Bürgerinnen und Bürgern ein Impfangebot gemacht werden kann. Vermehrte Tests sind eine Chance, Öffnungen aufrechtzuerhalten und wieder zu ermöglichen. Erste Modellkommunen erproben mit Hilfe von Testungen Möglichkeiten für kontrollierte Öffnungen für Veranstaltungen, Gastronomie und öffentliche Plätze. Wir appellieren deshalb an die Politik auf allen Ebenen, die Testinfrastruktur für Schnelltests auszuweiten und die Möglichkeiten zur digitalen Kontaktverfolgung konsequent zu nutzen.
Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben bereits am 9. März 2021 in einer gemeinsamen Erklärung an die Unternehmen appelliert, ihren Beschäftigten Selbsttests, und wo dies möglich ist, Schnelltests anzubieten, um Infektionen frühzeitig zu erkennen.
Auch wir appellieren nun an die Betriebe des Handwerks in Nordrhein-Westfalen, ihren Beschäftigten Testungen anzubieten. Wir wissen, dass dies für die Betriebe eine erhebliche Belastung darstellt. Und wir wissen auch, dass es nach wie vor schwierig ist, Tests in ausreichender Zahl und zu annehmbaren Preisen zu erhalten. Aber jeder einzelne Infektionsfall und jeder einzelne Quarantänefall kommt die Betriebe teuer zu stehen. Wir alle haben ein Interesse daran, Infektionsrisiken in Werkstätten, auf Baustellen oder im Kundenkontakt zu reduzieren. Deshalb bleibt auch die Einhaltung von Hygieneregeln so wichtig.
Wir appellieren deshalb auch an die verschiedenen Handwerksorganisationen, die Betriebe in ihren Bemühungen nach Kräften zu unterstützen. Es gibt inzwischen schon viele Initiativen vor Ort, um den Betrieben durch Beratung und Information zur Seite zu stehen – oder auch ganz konkret durch Beschaffung von Testsets, die zu fairen Preisen an die Betriebe weitergegeben werden.
Dieses Engagement stimmt uns zuversichtlich, dass wir im Handwerk trotz aller Schwierigkeiten aus eigener Kraft und eigener Verantwortung für Hygiene und Sicherheit sorgen können. Wir danken allen Betrieben und Organisationen des Handwerks, die in dieser Stunde Verantwortung übernehmen und ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten!
Andreas Ehlert Hans-Joachim Hering Hans Hund
Aktuelle Informationen zum Thema Testungen finden Sie unter https://www.mags.nrw/
Den Aufruf von Handwerk.NRW finden Sie hier auch als Download.
Veranstaltung am 10. Juni 2021:
»Tarifbindung im Handwerk: Schlüssel zu Nachwuchs- und Fachkräftesicherung?«
Das Thema Fachkräftesicherung gehört zu den größten Herausforderungen des Handwerks. Welche Wege sind entscheidend, damit Betriebe gut ausgebildete Fachkräfte halten und Nachwuchs sichern können? Der Tarifpartnerschaft und mit ihr der Tarifbindung kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Doch wie ist es um Tarifpartnerschaften im Handwerk bestellt? Welchen Herausforderungen sieht sich das Handwerk dabei gegenüber?
Diese Fragen werden in einer gemeinsamen Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Kolpingwerkes Landesverbands NRW und des Westdeutschen Handwerkskammertages am Donnerstag, den 10. Juni 2021, 10:00–13:00 Uhr von verschiedenen Seiten beleuchtet.
Für das Podium haben bereits zugesagt: NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann, die Vorsitzende des DGB NRW Anja Weber, der Vorsitzende des Kolpingwerkes NRW Dr. Stefan Nacke MdL, WHKT-Präsident Hans Hund, die WHKT-Vizepräsidenten Berthold Schröder und Felix Kendziora, ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke, der Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung Prof. Friedrich Hubert Esser, der Präsident des Unternehmerverbandes Handwerk Hans-Joachim Hering, die stellvertretende Vorsitzende der SPD Fraktion NRW Lisa-Kristin Kapteinat und das Mitglied des Geschäftsführenden DGB-Bundesvorstandes Stefan Körzell.
Die Veranstaltung findet unter Berücksichtigung der am Veranstaltungstag geltenden Corona-Schutzverordnung in hybrider Form im Bildungszentrum der Handwerkskammer Münster statt. Zusätzlich zur Präsenzteilnahme wird eine Online-Teilnahme per Livestream ermöglicht.
Erste WHKT-Statistiken 2020 online:
Ausbildungsverhältnisse und Gesellenprüfungen in 2020
Mit den Kapiteln »Ausbildungsverhältnisse 2020« und »Gesellenprüfungen 2020« stehen die beiden ersten Themenbereiche der Handwerksstatistik NRW 2020 mit neuestem Zahlenmaterial online zur Verfügung und geben Aufschluss über Entwicklungen im NRW-Handwerk.
So ist beispielsweise die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse auf 27.440 zurückgegangen, um 7,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit ist der Trend zu jährlich mehr Ausbildungsverhältnissen insgesamt seit 2017 gebrochen. Gleichzeitig ist die Quote der weiblichen Auszubildenden erneut gesunken, auf nunmehr 15,9 Prozent.
Betrachtet man die Ausbildungsverhältnisse insgesamt im Hinblick auf die Handwerksgruppen, so zeigt die Statistik, dass nicht alle Bereiche im Minus sind, sondern dass das Bauhauptgewerbe und das Ausbaugewerbe ein Mehr an Ausbildungsverhältnissen verzeichnen konnte. Der größte Rückgang ist indes in den personenbezogenen Dienstleistungen festzustellen sowie im kaufmännischen Bereich.
Weiter zeigt die Statistik der neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse im Jahr 2020, dass der Anteil der Auszubildenden mit Abitur/Fachhochschulreife bei 22,5 Prozent liegt, 40 Prozent einen mittleren Bildungsabschluss und 31 Prozent einen Hauptschulabschluss besitzen.
Auch die Zahlen zu den Nationalitäten (nicht Migrationshintergrund) der Auszubildenden sind aufschlussreich: 11.678 Auszubildende haben eine nicht-deutsche Nationalität, 1.396 davon sind weiblich. Betrachtet man alle Nationalitäten mit mindestens 30 Ausbildungsverhältnissen, kommt die Statistik auf 41 Nationalitäten. Die größten Gruppen sind der Reihenfolge nach Syrien, Afghanistan, Türkei, Irak, Guinea, Albanien, Polen. Die Top 3 Nationalitäten bei den Frauen sind Türkei, Syrien, Irak.
Dieses und weiteres aufschlussreiches Zahlenmaterial ist den PDF-Dokumenten der ersten beiden Kapitel der Handwerksstatistik zu entnehmen, die unter www.whkt.de/statistik als Download zur Verfügung stehen.
Weitere Themenbereiche der Handwerksstatistik folgen sukzessive, sobald offizielles Zahlenmaterial vorliegt.
Go-Live von handwerk-digital.nrw:
Neue Digitalisierungsplattform für das Handwerk
Die neue Digitalisierungs-Plattform für Handwerksbetriebe in Nordrhein-Westfalen handwerk-digital.nrw bietet Informationen, viele nützliche Tools und individuelle Unterstützung rund ums Thema Digitalisierung an und soll Betrieben dabei helfen, Prioritäten bei der digitalen Transformation zu setzen. Ob Fragen zu Fördermitteln, Anpassungen von Geschäftsmodellen oder verbesserte Sichtbarkeit von Homepages im Internet – auf handwerk-digital.nrw gibt es die richtigen Antworten.
»Die Plattform ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur digitalen Transformation des Handwerks in NRW«, sagt Berthold Schröder, Vorsitzender der LGH und Präsident der Handwerkskammer (HWK) Dortmund. »Durch die Digitalisierung befinden sich sowohl handwerkliche Wertschöpfungsketten als auch Geschäftsmodelle und Marktprozesse im Umbruch. Das stellt unsere Betriebe vor große Herausforderungen und bietet gleichzeitig ein enormes Potential, das nicht ungenutzt bleiben sollte.«
Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart zur neuen Plattform: »Es freut mich sehr, dass mit handwerk-digital.nrw nun eine attraktive Digitalisierungs-Plattform mit hohem Nutz- und Informationswert an den Start geht. Die digitale Transformation verändert das Handwerk und die Märkte grundlegend. Es ist wichtig, dass immer mehr Handwerksbetriebe die neuen technischen Möglichkeiten nutzen, die digitale Transformation aktiv mitgestalten und sich weiterentwickeln.«
handwerk-digital.nrw ist ein Gemeinschaftsprojekt der HWK Dortmund, HWK Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld sowie der Fachverbände Tischler NRW und Metall NRW. Erklärtes Ziel des Konsortiums ist es, Handwerksunternehmen in Nordrhein-Westfalen bei der digitalen Transformation Möglichkeiten aufzuzeigen und sie aktiv bei der Umsetzung erfolgversprechender Vorhaben zu begleiten.
»In den zurückliegenden Monaten hat die Corona-Pandemie der Digitalisierung, die schon vor Corona als Zukunftsthema für das Handwerk von Bedeutung war, einen Turbo verliehen. Die Website gibt der Digitalisierung im Handwerk nun eine feste Adresse. Hier erhalten die Betriebe Informationen, Beratung und Unterstützung auf ihrem Weg in eine digitale Zukunft«, betont Dr. Jens Prager, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe und Lead-Partner der Initiative.
Das Projekt ist Teil der »Digitalisierungsoffensive Handwerk NRW« und wird vom Landesministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Die Fördermaßnahme wird von der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks e.V. (LGH) als bewilligende Stelle abgewickelt.
Hauptgeschäftsführerkonferenz des WHKT:
Austausch mit DGB und Regionaldirektion der Arbeitsagentur
Zu den zentralen Aufgaben des WHKT gehört der enge Austausch und die Kooperation mit den Partnern auf Landesebene. Zu den wichtigen Partnern zählen dabei der DGB NRW sowie die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit. Nicht nur die gemeinsame Arbeit im NRW-Ausbildungskonsens und anderen Bündnissen auf Landesebene führt die Akteure regelmäßig zusammen. Grund genug, aktuelle Themen der Zusammenarbeit regelmäßig zu diskutieren. In diesem Sinn waren jüngst in getrennten Sitzungen die DGB-Vorsitzende Anja Weber sowie der Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit Torsten Withake in der Hauptgeschäftsführerkonferenz des WHKT zu Gast.
Anja Weber betonte in dem Austausch die Bedeutung der Tarifbindung für das Handwerk. Sie begrüßte, dass der WHKT gemeinsam mit DGB und Kolping im Juni zu einer Veranstaltung zum Thema einlädt. Die DGB-Vorsitzende wünschte sich zudem, dass Deutschland und NRW mit mutigen Investitionen aus der Krise »herauswachse«. Ihre Gemeinsamkeit unterstreichen Kammern und DGB bei den politischen Initiativen zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung. Studierende und Auszubildende brauchen zum Beispiel bei den Themen Mobilität und Wohnen gleichwertige Rahmenbedingungen.
Mit Torsten Withake von der Regionaldirektion warfen die Hauptgeschäftsführer einen Blick auf die Lage am Ausbildungsmarkt sowie auf die Situation beim Kurzarbeitergeld. Withake bedankte sich bei den Handwerkskammern für die gute und intensive Zusammenarbeit in der Corona-Krise. In der anschließenden Diskussion wurden verschiedene Punkte der Kooperation herausgearbeitet. So soll der Informationsfluss zur Frage der Überprüfung und Abrechnung des Kurzarbeitergeldes weiter verstärkt werden. Mit Blick auf die Lage am Ausbildungsmarkt bittet Torsten Withake das Handwerk, der Arbeitsagentur alle offenen Stellen zu melden. Umfassende Kooperationsmöglichkeiten gibt es beim wichtigen Thema »Matching«, also der Frage, wie man junge Menschen auf freie Ausbildungsplätze vermittelt. Beide Seiten betonten die notwendige Kooperation gerade mit Blick auf die Ausbildungssituation in diesem Jahr. Insbesondere müsse es gelingen, die Berufsorientierung trotz Corona wieder stärker zu ermöglichen.
Frauen ins Ehrenamt:
Gelungener Workshop der Ehrenamtsakademie Handwerk NRW (EAH) mit der Handwerkskammer zu Köln
Wie das Handwerk Frauen für ehrenamtliches Engagement gewinnt, war am 19. März die zentrale Frage einer gemeinsamen Veranstaltung der EAH und der Handwerkskammer zu Köln, die von Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin moderiert wurde. Berichte aus der Praxis lieferten Corinna Franke (Vorstandsmitglied Businessclub Handwerksjunioren Köln), Tatjana Lanvermann (Beisitzerin im Vorstand Bundesverband der UnternehmerFrauen im Handwerk e.V.) und Dr. Alexandra Leipold (Referatsleiterin Garantiefonds Hochschule, Integration der Otto-Benecke-Stiftung e.V.). Fazit der Experten: Das Handwerk braucht in der Akzeptanz, der Ansprache, der Sprache und der Außendarstellung eine größere Diversität.
Der Aufbau der EAH wird unterstützt vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. In ihrem Grußwort verdeutlichte Dr. Kirsten Bender, Leiterin der Abteilung Innovation und Märkte, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung des Ehrenamts als Rückgrat der handwerklichen Selbstverwaltung. Den Nachwuchs zu unterstützen, anzusprechen und zu begeistern sei grundlegend für eine funktionierende Ehrenamtsstruktur.
Die handwerkliche Selbstverwaltung funktioniert nicht ohne den Einsatz der ehrenamtlich engagierten Handwerkerinnen und Handwerker. Das Ehrenamt im Handwerk bietet Frauen zwar vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, stellt sie gleichzeitig aber auch vor manche Hürde. Damit insbesondere die Vereinbarkeit von Ehrenamt mit Beruf und Familie nicht als Last empfunden wird, muss das ehrenamtliche Engagement attraktiv gestaltet werden. Entscheidend ist die persönliche Ansprache, die an die jeweiligen Talente und Interessen der Einzelnen anknüpft. Zeitmanagement spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für eine ehrenamtliche Tätigkeit. Hier scheint der Trend abzugehen von langfristigen Bindungen hin zu kleinen Projekten mit einem begrenzten Umfang.
Ehrenamtliches Engagement heißt, Teil der Gemeinschaft zu sein. Deshalb wird regelmäßiges, vielfach freundschaftliches, Netzwerken »von Frauen zu Frauen« als Basis des eigenen Engagements empfunden. Eine persönliche Atmosphäre bietet offenen Gesprächsraum für oftmals ähnliche Problemstellungen.
Anders sieht es bei Frauen mit Zuwanderungsgeschichte aus, die sich zu selten ins Ehrenamt einbringen, weil ihnen die Strukturen der deutschen Handwerksorganisation auch aus der Heimat unbekannt sind. Nicht fehlende Deutschkenntnisse sind die Ursache für fehlendes ehrenamtliches Engagement, sondern Informationsdefizite und die fehlende Diversität in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens. Auch hier sind die persönliche Ansprache von Frau zu Frau und persönliche Begegnungen entscheidend, um zunächst Begeisterung für das Handwerk zu wecken. Niedrigschwellige Angebote vor Ort, kleine Angebote für die Zielgruppe und mehr Heterogenität sind wichtige Aspekte, wenn es um das ehrenamtliche Engagement von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte geht.
Erasmus+ Projekt FINANZFIT:
Partnerschaft veröffentlicht Unterrichtsmaterial für den Erwerb finanzieller Grundkenntnisse
Die ökonomische Grundbildung ist für den WHKT von besonderer Bedeutung. Deshalb engagiert er sich nicht nur auf Landesebene, sondern auch transnational, um Know-how für die Arbeit mit Jugendlichen zu erarbeiten. Junge Menschen stehen häufig vor der Herausforderung, dass sie zwar in der Schule wichtige Kenntnisse in Mathe, Deutsch, Chemie oder Erdkunde erwerben, formaler Unterricht für den verantwortungsvollen Umgang mit den eigenen finanziellen Ressourcen ist jedoch im Regelfall nicht vorgesehen. Dabei ist es gerade beim Übergang von der Schule in das Berufsleben von enormer Bedeutung, den Überblick und die Kontrolle über die persönlichen Finanzen zu behalten.
Neben unverzichtbaren Ausgaben beispielsweise für das eigene Auto oder notwendige Versicherungen sehen sich junge Menschen schon früh dem Werben von Mobilfunkanbietern, TV-Streamingdiensten, Online-Shops und Handy-Apps ausgesetzt. Das erste Azubi-Gehalt ist da häufig schneller aufgebraucht als ursprünglich geplant.
Wieviel kann ich mir für mein Hobby leisten? Wie funktioniert überhaupt ein Girokonto und was ist eine IBAN? Was sind Zinsen und wofür bekomme ich sie? Wie kann ich einen Kredit aufnehmen? Wofür sollte ich mich versichern? Warum sollte ich überhaupt Geld sparen? Wie kann ich Erspartes sinnvoll anlegen? Dies sind einige der Fragen, mit denen sich junge Menschen in diesem Zusammenhang befassen.
Die ERASMUS+ Partnerschaft mit der Kurzbezeichnung »Finanzfit« hat sich unter Koordinierung des Westdeutschen Handwerkskammertages zum Ziel gesetzt, ein unabhängiges, marktneutrales und kostenloses Informationsangebot für junge Menschen zu schaffen. Dabei sollen die im Projekt erarbeiteten Instrumente vor allem dazu dienen, grundlegendes finanzielles Wissen zu vermitteln und die Entwicklung solcher Kompetenzen zu unterstützen, die für finanzielle Entscheidungen erforderlich sind.
Acht Projektpartner aus verschiedenen europäischen Ländern befassen sich daher mit der Herausforderung, die Themen Sparen und Anlegen, Finanzierung, Versicherungen, Liquidität, Girokonto und Altersvorsorge zielgruppengerecht in den Sprachen Deutsch, Englisch, Türkisch, Griechisch, Italienisch und Schwedisch aufzubereiten. Dies erfolgt zum einen anhand von pädagogisch-didaktisch aufbereitetem Unterrichtsmaterial für Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen, das ab sofort zum kostenlosen Download auf der Projektwebseite zur Verfügung steht.
Neben diesem Lehrmaterial umfasst das Projektkonzept einen mehrsprachigen und multimedialen Internetauftritt inklusive E-Learning-Plattform, auf der die Lernenden ihr erworbenes Wissen spielerisch anwenden, testen und selbstständig vertiefen können. Die E-Learning Plattform wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres zur Verfügung stehen. Auch der Zugang zu dieser Plattform und die Nutzung aller Inhalte wird kostenlos möglich sein.
Darüber hinaus haben die Projektpartner ein erstes zielgruppenorientiertes Magazin veröffentlicht, das ergänzend und im Sinne eines Cross-Media-Ansatzes in unterhaltsamer Art und Weise auf wirtschaftliche Themen eingeht. Die Veröffentlichung der zweiten Ausgabe ist für Anfang 2022 geplant.
Alle Projektergebnisse stehen nach ihrer Veröffentlichung zur Nutzung unter der Projektwebseite www.whkt.de/finanzfit zur Verfügung.
Dieses Projekt wird mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Partner des Westdeutschen Handwerkskammertages bei diesem Projekt sind Europe Unlimited e.V., VondiConsulting, Scuola Costruzioni Vicenza Andrea Palladio, Datça İlçe Milli Eğitim Müdürlüğü, European Institute for Local Development, Mobilizing Expertise und Euro-Net.
Handwerk integriert:
Integrationspreis Handwerk NRW
Mit dem Integrationspreis Handwerk NRW würdigen die nordrhein-westfälischen Handwerkskammern alle zwei Jahre Handwerksbetriebe, die sich in besonderem Maße für gelingende Integration am Arbeitsmarkt einsetzen. Die für 2020 geplante zentrale NRW-Veranstaltung unter Beteiligung des Integrationsministers Dr. Joachim Stamp wurde jedoch pandemiebedingt auf 2021 verlegt.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation haben sich die Handwerkskammern in NRW gemeinsam mit dem WHKT darauf verständigt, den Integrationspreis Handwerk NRW 2021 in einem persönlichen, kleineren Rahmen zu vergeben.
Um die Bedeutung des Integrationspreises Handwerk NRW zusätzlich hervorzuheben, unterstützt dieser gleichfalls die Charta der Vielfalt und den Diversity-Tag, der am 18.05.2021 bundesweit stattfindet.
Eine Bekanntgabe der Preisträger durch die Handwerkskammern ist ebenfalls für den Diversity-Tag vorgesehen.
Für die Vergabe der Integrationspreise an die Preisträger 2021 laden die Handwerkskammern die jeweils zu prämierenden Handwerksbetriebe ein und überreichen die Urkunde inklusive des damit verbundenen Preises in Höhe von 500 € durch Vertreterinnen und Vertreter der Kammervorstände. Für eine Videobotschaft an die engagierten Handwerksbetriebe ist Herr Dr. Stamp, Integrationsminister des Landes NRW, angefragt.
Die Verleihung des Integrationspreises Handwerk 2022 soll wieder als gemeinschaftliche WHKT-Veranstaltung auf NRW-Ebene und unter Präsenz der Spitzenvertreter des Handwerks sowie persönlicher Beteiligung des Ministers für Integration stattfinden.
ValiKom Transfer:
WHKT bei bilateralem Austausch mit Italien zur Validierung von beruflichen Kompetenzen
Am 19.03.2021 fand im Rahmen der bilateralen Kooperation zur Beruflichen Bildung ein virtueller Austausch zum Thema »Systeme und Verfahren der Zertifizierung beruflicher Kompetenzen in Italien und Deutschland« statt. Rund 30 Teilnehmende beider Länder hatten die Möglichkeit, einen Einblick zur Umsetzung von Validierung von beruflichen Kompetenzen in den beiden Staaten zu bekommen.
Zuerst gaben italienische Vertreter des Ministeriums für Bildung und des Ministeriums für Arbeit und Sozialpolitik einen Überblick über den rechtlichen Rahmen und die Leitlinien, die in einem großen Reformprozess über die letzten 10 Jahre entwickelt und verankert wurden. Ein Mitarbeiter der Nationalen Agentur für aktive Arbeitspolitik stellte anschließend das Nationale Verzeichnis der Bildungsabschlüsse und Qualifikationen vor, das im Rahmen der Verordnung der Validierung entstanden ist, und erläuterte die Einordnung und Bezüge zum Europäischen Qualifikationsrahmen.
Nach einer kurzen Vorstellung des deutschen Berufsbildungssystems und der Rolle von Sozialpartnern und Kammern sowie einem Überblick zur Anerkennung informell erworbener Kompetenzen in Deutschland durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), gaben drei Vertreter des Projekts ValiKom Transfer einen detaillierten Einblick in das Validierungsverfahren. Tina Rapp vom WHKT stellte die Projektstrukturen und den Validierungsprozess allgemein vor, Linda Gutt von der HWK Hannover und Jörg Engelmann von der IHK für München und Oberbayern schilderten anschließend anhand von Beispielen, wie das Verfahren konkret in der Praxis umgesetzt wird und welchen Nutzen das Verfahren für Teilnehmende und Betriebe bietet.
Dieser Praxiseinblick stieß bei den Italienern auf großes Interesse, da in Italien nun ein Rechtsrahmen für die Zertifizierung von Berufskompetenzen geschaffen wurde, aber die praktische Umsetzung noch aussteht. So wurden viele Fragen zu Ablauf, Dauer und Kosten gestellt, aber auch zur Qualifikation der Berufsexperten und -expertinnen, die die Bewertung der Kompetenzen vornehmen. Alles in allem war es ein für beide Seiten ein gelungener Austausch.
Das Projekt ValiKom Transfer wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und bundesweit von 30 Kammern aus Handwerk, Industrie, Handel und der Landwirtschaft umgesetzt. Weitere Informationen gibt es unter www.validierungsverfahren.de.
WHKT-Stellungnahme:
Gleichwertigkeit von Meisterbrief und einer akademischen Ausbildung muss mit tarifrechtlicher Eingruppierung korrespondieren
Der WHKT hat gegenüber dem Wirtschaftsministerium NRW die Online-Petition der Arbeitsschutzverwaltung, Dezernate Arbeitsschutz 55 und 56, der Bezirksregierungen, bezogen auf die Höhergruppierungsinteressen der Handwerksmeister in der Arbeitsschutzverwaltung unterstützt.
Es ist zutreffend und nicht neu, dass angestellte Meister, auch in anderen Bereichen als der Arbeitsschutzverwaltung, zu Recht eine tarifrechtliche Höhergruppierung aufgrund der Gleichwertigkeit der Meisterqualifiktion mit einer akademischen Ausbildung in die Entgeltgruppe 11, in der in aller Regel auch Bachelorabsolventen eingruppiert werden, für sich beanspruchen.
Eines der Kernargumente liegt in der am 01.05.2013 erfolgten bildungspolitischen Feststellung der Gleichwertigkeit der Meisterqualifikation mit dem akademischen Bachelorabschluss. Im Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) wird seit diesem Zeitpunkt der Meisterbrief und der akademische Bachelorabschluss in der gleichen Stufe, und zwar Stufe 6 einsortiert. Zudem sind seit Januar 2020 für Fortbildungen im beruflichen Bereich die Abschlussbezeichnungen »Bachelor Professional« und »Master Professional« eingeführt worden. Der Handwerksmeister darf den Titel »Bachelor Professional« tragen.
Die in Deutschland erfolgte Zuordnung der Meisterqualifikation mit dem akademischen Bachelorabschluss war seit jeher eine bildungspolitische Kernforderung des Handwerks. Durch diesen in Deutschland getroffenen Konsens ist nunmehr klargestellt, dass berufliche und akademische Bildung gleichwertig sind und er unterstreicht den hohen Stellenwert des Meistertitels.
Die Gleichstellung der Abschlüsse muss verständlicherweise auch mit der tarifrechtlichen Eingruppierung korrespondieren. Aus diesem Grund hat sich der WHKT für eine Gleichbehandlung der Abschlüsse ausdrücklich ausgesprochen.
Europa:
Nachhaltige Produktpolitik – Kollateralschäden vermeiden
Zu den Besonderheiten handwerklicher Tätigkeit gehört, dass Handwerkerinnen und Handwerker Produkte auf Kundenwunsch und nach Maß herstellen, dass sie Produkte reparieren, anpassen etc. Gerade diese Produktmerkmale, nämlich Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwendbarkeit sind von wesentlicher Bedeutung, wenn sich die Frage stellt, ob ein Produkt als nachhaltig bewertet werden kann. Dies vor Augen könnte man meinen, dass Handwerksbetriebe klar zu den Gewinnern einer Neuausrichtung der Produktpolitik in Richtung Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft gehören werden. Doch so einfach ist es nicht. Potenzial und Risiko hängen davon ab, ob Prozesse aus Sicht kleiner Unternehmen gedacht werden. Andernfalls drohen Betriebe, die faktisch nachhaltig wirtschaften, in Informations- und Dokumentationspflichten zu ersticken.
Die Neuausrichtung der Produktpolitik ist in diesem Jahr auf europäischer Ebene ein großes Thema. Sie hat mehrere Komponenten. Hervorzuheben ist die »Initiative für nachhaltige Produkte«. Sie ist von der Europäischen Kommission für das 4. Quartal 2021 angekündigt. Aktuell läuft dazu eine öffentliche Konsultation.
Kernstück der europäischen Initiative für nachhaltige Produkte ist die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Ökodesignrichtlinie. Künftig sollen Vorgaben grundsätzlich für alle Produkte und auch für begleitende Dienstleistungen möglich werden. Diese Veränderungen könnten die Relevanz von Ökodesign für Handwerksunternehmen erheblich erhöhen. Prioritär sollen zunächst Elektronikprodukte, Textilien, Möbel und ausgewählte Zwischenprodukte wie Zement, Stahl und Chemikalien reguliert werden.
Darüber hinaus ist geplant, als neues Instrument einen digitalen Produktpass einzuführen, der Produktinformationen entlang der Wertschöpfungskette aggregiert und diese Informationen Verbrauchern zur Verfügung stellt. Das könnte Reparaturinformationen betreffen, die Verwendung von gefährlichen Chemikalien, Rezyklatanteile, Informationen zur ordnungsgemäßen Entsorgung u. a.
Mit Blick auf beide Vorhaben und weitere Nachhaltigkeitsinitiativen wie Ökobilanzen (PEF/OEF) oder SCIP gilt es zu bedenken, dass die mit der Konformitätserklärung, der Lebenszyklusanalyse und den Informationspflichten verbundenen Aufwände und Kosten Unikate sowie Kleinserien im Vergleich zu Massenfertigungen strukturell benachteiligen. Damit geraten Betriebe und Produkte unter Druck, die einen wesentlichen Beitrag zur Nachhaltigkeitswende liefern können – und zwar weit über die Produktpolitik hinaus. Erforderlich ist, dass Regulierung der Unikat- und Kleinserienfertigung Aufmerksamkeit schenkt und dass begleitend einfach handzuhabende Instrumente entwickelt werden, die helfen, Informationspflichten aus unterschiedlichen Zusammenhängen in der Lieferkette rechtssicher weiterzugeben.
Fachkräftesicherung durch Anerkennung:
Elektroniker absolvieren Qualifizierungsmodul
Das IQ Netzwerk NRW berät und unterstützt Ratsuchende und Betriebe auf dem Weg der beruflichen Anerkennung. Aktuell absolvieren sieben Teilnehmende aus Bosnien, Libyen, Marokko, dem Kosovo, Albanien, Syrien und Kroatien bei der Elektroinnung Düsseldorf ihre Nachqualifizierung. Der jüngste ist 29, der Älteste 50 Jahre alt. Ihr Ziel: Die berufliche Gleichwertigkeit zur Gesellenqualifikation.
Die meisten Teilnehmenden sind bereits jetzt als Helfer im Elektrotechniker-Handwerk beschäftigt und besuchen den vom IQ Förderprogramm finanzierten Lehrgang berufsbegleitend. Einer von ihnen ist Jasenko H. (34), der seine Ausbildung in Bosnien absolviert hat und seit 2013 in Deutschland lebt. Über den Nachweis der nötigen Berufspraxis im Betrieb in Kombination mit der Teilnahme an dem speziellen Anpassungslehrgang bei der Elektroinnung, hat er bereits jetzt einen großen Teil der beruflichen Gleichwertigkeit hergestellt. Über die Qualifizierung selbst sagt er: »Es hilft mir, als Fachkraft anerkannt zu werden. Auch habe ich hier gute Leute kennengelernt, die mich unterstützen, mein Können einzubringen.« Ausbildungsleiter Sascha Richter, Elektroinnung Düsseldorf, ist sehr zufrieden. »Die Teilnehmer sind zuverlässig und motiviert dabei. Und dank der Unterstützung des IQ Netzwerks passt alles zusammen. Die Qualifizierung, die Abstimmung mit der Handwerkskammer und mit dem Betrieb. Es ist schön, den Erfolg zu sehen und dabei zu sein.«
Auch für die Fachkräfteeinwanderung gemäß Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) spielt die berufliche Anerkennung eine wesentliche Rolle. Betriebe, die Fachkräfte aus Drittstaaten gemäß FEG anwerben und beschäftigen, müssen innerhalb einer gewissen Frist dafür sorgen, dass die berufliche Gleichwertigkeit der Fachkräfte mit ausländischer Berufsqualifikation hergestellt wird. Da zumeist gemäß Anerkennungsbescheid wesentliche Unterschiede zur hiesigen Referenzqualifikation bestehen, sind geeignete Anpassungsqualifizierungen eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Fachkräftesicherung gemäß FEG auch für die Betriebe im Handwerk zu einer Erfolgsgeschichte wird.
Kontakt und Hintergrundinformationen: www.iq-netzwerk-nrw.de
Das Förderprogramm »Integration durch Qualifizierung (IQ)« zielt auf die nachhaltige Verbesserung der Arbeitsmarktintegration von Erwachsenen mit Migrationshintergrund ab. Das Programm wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Partner in der Umsetzung sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Bundesagentur für Arbeit (BA).