WHKT-REPORT Ausgabe 04/2025
Liebe Leserinnen und Leser,
in den vergangenen Wochen war der Blick viel nach Berlin auf die Koalitionsverhandlungen gerichtet. Nun ist der Koalitionsvertrag für die neue Legislaturperiode fertig. Dieser ist aus Sicht des Handwerks überwiegend positiv zu bewerten und enthält viele Ansätze zur Stärkung des Handwerks.
Ein zentrales Thema ist der Bürokratieabbau. So soll in einem Sofortprogramm für den Bürokratierückbau bis Ende des Jahres 2025 die Verpflichtung zur Bestellung von Betriebsbeauftragten abgeschafft und der Schulungs-, Weiterbildungs- und Dokumentationsaufwand signifikant reduziert werden. Auch die Bürokratiekosten für die Wirtschaft sollen um 25 Prozent (rund 16 Milliarden Euro) reduziert und der Erfüllungsaufwand für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung soll um mindestens zehn Milliarden Euro gesenkt werden.
Auch andere wichtige Zukunftsthemen finden sich im Koalitionsvertrag wieder. Exemplarisch seien genannt: Die Koalition will im Handwerk »den Investitionsstau in den Bildungsstätten mit einer verlässlichen Förderung lösen« sowie für gut ausgestattete Lernorte u. a. in die Sanierung und Substanzerhaltung der überbetrieblichen Bildungsstätten investieren. Modellprojekte des Freiwilligen Handwerksjahrs sollen gemeinsam mit den Handwerkskammern im Rahmen eines Freiwilligendienstes Bevölkerungsschutz durchgeführt werden. Dringend notwendige Investitionsbedarfe sollen mit dem Infrastruktur-Zukunftsgesetz schnell mit den Mitteln des zeitlich befristeten Sondervermögens Infrastruktur Bund/Länder/Kommunen befriedigt werden. Mit der Durchführung von Praxischecks und der Einführung von Experimentierklauseln soll eine bessere Rechtsetzung ermöglicht werden.
Es bleibt abzuwarten, wie die geplante neue Bundesregierung diese Ziele mittelstandsgerecht und zeitnah umsetzt.
Viel Freude bei der Lektüre wünschen Ihnen
Ihre
Hauptgeschäftsführer Dr. iur. Florian Hartmann | Sophia Shen
125 Jahre Handwerkskammern in NRW:
Landesregierung NRW gratuliert den Handwerkskammern zum Jubiläum
Mit einem Festakt und einem Delegiertenabend hat der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) gemeinsam mit den Spitzenvertretungen der sieben NRW-Handwerkskammern unter Beteiligung von Ministerpräsident Hendrik Wüst, stv. Ministerpräsidentin Mona Neubaur und Matthias Heidmeier, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft das 125-jährige Jubiläum der handwerklichen Selbstverwaltung am 07. April 2025 gewürdigt.
In seiner Gratulation zum 125-jährigen Jubiläum der Handwerkskammern betonte Ministerpräsident Wüst: »Das Handwerk ist das Rückgrat unserer Wirtschaft. Es sind die Handwerksbetriebe, die den Arbeitsmarkt in vielen Regionen prägen. Als zentrale Ausbildungsstätten bilden sie die Fachkräfte von morgen aus und treiben Innovationen voran. Die Landesregierung unterstützt diese Stärke durch die Fachkräfteoffensive NRW: Wir sichern den Nachwuchs, erleichtern Planungen und Genehmigungen mit digitalen Verfahren und setzen uns auf Bundesebene für einen wirtschaftspolitischen Neustart ein.«
Die Wirtschaftsministerin und stv. Ministerpräsidentin Mona Neubaur betonte: »125 Jahre Handwerkskammern in Nordrhein-Westfalen – das heißt 125 Jahre Verantwortung, Zusammenhalt und Tatkraft. Demokratie, Ehrenamt und Miteinander – das alles wird in unseren Handwerkskammern seit 125 Jahren gelebt. Und heute ist Ihre Arbeit gefragter denn je. Von den ureigenen Aufgaben wie der Interessenvertretung und der Durchführung von Prüfungen bis hin zur Gründungsberatung für Meisterinnen und Meister, der Unterstützung bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse und den vielfältigen Weiterbildungsangeboten.«
WHKT-Präsident Schröder bedankte sich bei Ministerpräsident Wüst und Wirtschaftsministerin Neubaur und ging dabei vor allem auf das gute Miteinander der Handwerkskammern mit der Landesregierung in NRW ein: »Ihre persönliche Unterstützung und die der Landesregierung für die Belange des Handwerks sind nicht selbstverständlich und verdienen höchste Anerkennung.«
Auf dem Festakt und in den anschließenden Gesprächen mit den Spitzenvertretungen der Landesregierung sowie den ehren- und hauptamtlichen Spitzenvertretungen der Handwerkskammern in NRW standen vor allem die Themen des Handwerks von heute im Mittelpunkt: die Transformation der Wirtschaft, die Digitalisierung und KI, Nachhaltigkeit und Europa, das Thema Fachkräfte und vor allem die Chancen auf weniger Bürokratie für die Betriebe des Handwerks.
Politik im Dialog:
NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann zu Gast bei der WHKT-Frühjahrs-Vollversammlung
Anlässlich der 193. WHKT-Frühjahrs-Vollversammlung war NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann zum Tagesordnungspunkt »Politik im Dialog« zu Gast und diskutierte mit dem Handwerk über Aus- und Weiterbildungsfragen, Arbeitsmarktintegration und Fachkräftesicherung.
Die Mitglieder der WHKT-Vollversammlung haben anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Handwerkskammern das Positionspapier »Für ein starkes und zukunftssicheres Handwerk – 125 Jahre Handwerkskammern in NRW« verabschiedet, das sich mit den Besonderheiten der handwerklichen Selbstverwaltung beschäftigt und ihre Vorzüge darstellt.
WHKT-Präsident Berthold Schröder: »Als nordrhein-westfälische Handwerkskammern sind wir seit 125 Jahren in den verschiedensten Bereichen für das Gesamthandwerk, Selbstständige und Arbeitnehmende im Einsatz. Eines der zentralen Themen von heute und morgen ist die Fachkräftesicherung. Wir freuen uns, mit Minister Laumann und seinem MAGS einen Partner zu haben, der diesen Herausforderungen mit uns begegnet.«
Das Positionspapier ist zu finden unter www.whkt.de/positionen.
Mehr Praxis in Schulen:
Handwerkskammern fordern Umdenken
Die Handwerkskammern haben eine WHKT-Grundsatzposition verabschiedet, die mehr praktische Erfahrungen und anwendungsbezogene Lernmöglichkeiten in allgemeinbildenden Schulen fordert. Der Schulunterricht sei zu theoretisch und »verkopft«, kritisieren sie. Projekttage und freiwillige Arbeitsgemeinschaften reichten nicht aus, um den Praxisbezug im Schulalltag zu gewährleisten.
Problem: Zu viel Theorie, zu wenig Praxis
Ein Grund für die zunehmende Theorielastigkeit sei der hohe Anteil von Schülerinnen und Schülern, die Gymnasien und Gesamtschulen besuchen. Mehr als zwei Drittel der Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen besuchen diese Schulformen. Durch das ausschließliche Lernen theoretischer Inhalte könnten die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Stärken nicht erkennen und entwickelten wenig Interesse an praktischen Aufgaben.
Das Handwerk sieht darin ein Problem, da die einseitige Förderung kognitiver Fähigkeiten wichtige Potenziale vernachlässigt. Schülerinnen und Schüler könnten ihre praktischen Fähigkeiten nicht entfalten, was zu einer Benachteiligung bestimmter Gruppen führe und die Lernmotivation senke. Zudem werde die Bedeutung von Bewegung und körperlicher Aktivität im Lern- und Arbeitsprozess vernachlässigt.
Empfehlungen der Handwerkskammern an die Schulpolitik
Um Abhilfe zu schaffen, schlagen die Handwerkskammern vier Maßnahmen vor:
- Stärkung der Anwendungsorientierung: Bestehende Fächer wie Physik, Chemie, Kunst und Textiles Gestalten sollen praxisorientierter gestaltet werden. Kooperationen mit dem Handwerk könnten helfen, den Unterricht anwendungsbezogener zu machen.
- Technik als Pflichtfach: Das Fach »Technik« soll für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend werden und die Nutzung von Werkräumen festgelegt werden. Dies würde die Orientierung in Richtung Berufs- und Lebenspraxis stärken.
- Werkräume als Pflichtausstattung: Jede allgemeinbildende Schule soll Werkräume haben, in denen praktische Tätigkeiten wie das Bearbeiten von Holz, Metall oder Kunststoff möglich sind. Diese »Praxislabore« sollen den Theorieunterricht ergänzen.
- Mehr Techniklehrkräfte: Die Ausbildung von Techniklehrkräften soll intensiviert werden, da viele Schulen über zu wenige dieser Fachkräfte verfügen. Eine Initiative für mehr Techniklehrkräfte wird gefordert.
Die Handwerkskammern betonen, dass eine ganzheitliche Förderung der Schülerinnen und Schüler notwendig sei, um sie optimal auf ihr späteres Berufsleben vorzubereiten. Durch mehr Praxisbezug im Unterricht könnten Schülerinnen und Schüler ihre Stärken besser entwickeln, ihre Lernmotivation steigern und für mehr MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik)-Interesse begeistert werden.
Das Handwerk sieht sich gesellschaftspolitisch in der Pflicht, diesen notwendigen Veränderungsprozess in der Schule zu unterstützen. Das Handwerk kann sein Know-how und das Netzwerk seiner Organisationen einbringen. Dazu zählen insbesondere die
• Beratung der Schulen zu Ausstattungsfragen
• Werbung bei Innungen und Handwerksverbänden für Kooperationsvorhaben
• Unterrichtsmaterialien für mehr Praxisbezug (www.handwerk-macht-schule.de)
• Vermittlung von Handwerkerinnen und Handwerkern zur Unterstützung des Technikunterrichts
Die WHKT-Grundsatzposition »Für mehr praktische Erfahrungsräume und anwendungsbezogene Lernmöglichkeiten in allen allgemeinbildenden Schulen« vom 08.04.2025 ist zu finden unter www.whkt.de/positionen.
Freiwilliges Handwerksjahr (FHJ):
WHKT-Position und Stellungnahme zur Anhörung im Landtag NRW
Der Westdeutsche Handwerkskammertag (WHKT) hat sich klar für die Einführung eines Freiwilligen Handwerksjahres (FHJ) in Nordrhein-Westfalen positioniert. In einem kürzlich von der WHKT-Vollversammlung verabschiedeten Positionspapier und einer Stellungnahme zur Anhörung im Landtag NRW am 30. April 2025 betont der WHKT die Notwendigkeit, die berufliche Orientierung junger Menschen durch ein FHJ zu stärken und den Fachkräftebedarf im Handwerk zu decken.
Berufliche Orientierung mit freiwilligen Maßnahmen stärken
Die sieben Handwerkskammern in NRW unterstützen die Idee, die berufliche Orientierung durch freiwillige Angebote außerhalb der Schulzeit zu fördern. Besonders hervorgehoben wird die Bedeutung von Praxiserfahrungen in Betrieben, da Betriebe eine zentrale Rolle bei der Berufswahl spielen. Das vorgeschlagene FHJ soll nicht mehr schulpflichtigen Schulabgängerinnen und Schulabgängern die Möglichkeit bieten, innerhalb von maximal zwölf Monaten vier jeweils dreimonatige Praxisphasen in verschiedenen Ausbildungsbetrieben zu absolvieren. Diese Praxisabschnitte sollen nicht nur Einblicke in verschiedene Berufsfelder ermöglichen, sondern auch direkte Anschlussperspektiven für den Übergang in eine duale Ausbildung bieten.
Vorteile für junge Menschen und Betriebe
Das FHJ bietet sowohl jungen Menschen als auch Ausbildungsbetrieben zahlreiche Vorteile. Schulabgängerinnen und Schulabgänger können verschiedene Berufe und Betriebe kennenlernen, ihre Berufswahl fundierter treffen und idealerweise direkt einen Ausbildungsplatz finden. Für die Betriebe eröffnet sich eine zusätzliche Möglichkeit, Auszubildende zu gewinnen und offene Ausbildungsstellen zu besetzen. Dies trägt dazu bei, den Fachkräftebedarf im Handwerk zu decken und die Gefahr von Ausbildungsvertragslösungen zu reduzieren.
Rechtliche Gleichstellung mit anderen Freiwilligendiensten
Der WHKT fordert eine rechtliche Gleichstellung des FHJ mit anderen Freiwilligendiensten wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) oder dem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ). Diese Freiwilligendienste sind bundesweit bekannt und akzeptiert, bieten klare Rahmenbedingungen und könnten als Vorbild für das FHJ dienen. Sollte eine bundesgesetzliche Regelung derzeit nicht möglich sein, schlägt der WHKT für die Landtagsanhörung ein Projekt zur Einführung und Etablierung des FHJ in NRW vor, ähnlich wie es in Schleswig-Holstein begonnen wurde.
Mit der Einführung eines Freiwilligen Handwerksjahres könnte Nordrhein-Westfalen einen wichtigen Schritt zur Stärkung der beruflichen Orientierung und zur Sicherung des Fachkräftebedarfs im Handwerk gehen. Der WHKT sieht in diesem Instrument eine Chance, mehr junge Menschen für handwerkliche Berufe zu begeistern und die Handwerksausbildung insgesamt zu steigern.
Das Positionspapier sowie die Stellungnahme für die Landtagsanhörung sind zu finden unter www.whkt.de/positionen.
Land, Handwerk und Industrie setzen Investitionsoffensive fort:
Modernisierungspakt II macht Überbetriebliche Bildungsstätten im Handwerk zukunftsfest
Zusammen mit Handwerk.NRW, dem Unternehmerverband Handwerk NRW, dem Landesverband der Kreishandwerkerschaften NRW, IHK NRW und dem WHKT unterzeichnete Minister Laumann im Rahmen der WHKT-Frühjahrs-Vollversammlung den »Modernisierungspakt II«. Mit dieser Investitionsoffensive setzen Land und Wirtschaft die Modernisierung der Überbetrieblichen Bildungszentren in Handwerk und Industrie fort, um sie fit für die Zukunft in Nordrhein-Westfalen zu machen.
Kern des Modernisierungspaktes II ist eine Verdoppelung der Fördermittel des Landes auf 16 Millionen Euro jährlich (2017: zwei Millionen Euro; 2018: vier Millionen Euro; seit 2019 acht Millionen Euro). Zusammen mit den Eigenmitteln von Handwerk und Industrie und der Förderung des Bundes werden so Gesamtinvestitionen in die berufliche Bildungsinfrastruktur von jährlich 80 Millionen Euro ermöglicht.
»Damit setzen wir ein starkes Signal für eine moderne und attraktive berufliche Bildung in unserem Land und leisten einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit und Qualitätssicherung der beruflichen Bildung. Das ist ein Baustein unserer Fachkräfteoffensive NRW. Wir wollen junge Menschen für das Erfolgsmodell duale Ausbildung begeistern. Eine moderne und praxisnahe Ausbildung braucht moderne Lernorte. Das ist der Schlüssel im Wettstreit um junge Leute«, so Arbeitsminister Karl-Josef Laumann.
WHKT-Präsident Berthold Schröder zur Bedeutung des Modernisierungspakts für das Handwerk in Nordrhein-Westfalen: »Mit dem heute unterzeichneten Modernisierungspakt II haben wir einen wichtigen Grundstein dafür gelegt, unsere Bildungsstätten im Handwerk zukunftssicher zu machen. Digitalisierung, Dekarbonisierung und Anforderungen an eine nachhaltige Energieversorgung verändern die Ansprüche an unsere Betriebe und an Handwerkerinnen und Handwerker. Die Aufgabe: nichts weniger als die wirtschaftliche Transformation.«
Mittelstandsbeirat der Landesregierung NRW:
Verabschiedung der Mittelstandsagenda 2.0
Die Mitglieder des Mittelstandsbeirats der Landesregierung, zu denen auch WHKT-Präsident Berthold Schröder gehört, haben in ihrer Sitzung Ende März die Mittelstandsagenda 2.0 für die zweite Legislaturperiode verabschiedet.
Das zentrale Ziel ist die Vermeidung und Abbau von verzichtbarer Bürokratie. Daneben haben sich die Mitglieder auf die folgenden mittelstandsrelevanten Themen verständigt, für die konkrete Vorschläge und Lösungen entwickelt werden sollen, um den Mittelstand zu stärken:
- Baupolitik – Schaffung von günstigem Wohnraum,
- Nutzung von KI zum Bürokratieabbau für den Mittelstand,
- Nachhaltige Finanzierung,
- Mehrwertschaffende Kreislaufwirtschaft,
- Miteinander von Naturschutz und wirtschaftlicher Entwicklung
Die Mittelstandsagenda 2.0 ist hier zu finden: https://www.wirtschaft.nrw/system/files/media/document/file/agenda_2.0_des_mittelstandsbeirates.pdf
Ein weiterer Schwerpunkt dieser Sitzung war das Thema der Finanzierung im Mittelstand. Gemeinsam mit Frau Tjaden-Schulte, Vorstandsmitglied der NRW.BANK, haben sich die Mitglieder des Mittelstandsbeirats insbesondere über die Rahmenbedingungen für die KMU-Finanzierung und den damit verbundenen Herausforderungen in der Zukunft ausgetauscht.
Neues Angebot in NRW:
Erstmals landesweite »Praktikumswoche« in den Sommerferien 2025
Die Ferien-Praktikumswochen bringen motivierte Jugendliche mit Ausbildungsbetrieben zusammen. Jugendliche ab 15, aber auch Schulabgängerinnen bzw. Schulabgänger oder Studienzweiflerinnen bzw. Studienzweifler können in den Sommerferien freiwillig an ein- bis dreitägigen Kurzpraktika teilnehmen – flexibel, kostenlos und ohne Bewerbungsstress. Jeden Tag ein neues Unternehmen, jeden Tag ein anderer Beruf – ein neuer freiwilliger Weg der Beruflichen Orientierung – praktisch, greifbar und alltagsnah.
Das niedrigschwellige Angebot der Praktikumstage (bis zu 3 Tage am Stück) wird von Interessierten freiwillig zur Beruflichen Orientierung genutzt. Die kurzen Einblicke sind besonders attraktiv, um einen ersten Eindruck in Unternehmen und den Beruf zu erhalten. Das zeigen die Erfahrungen des Handwerks in anderen Bundesländern.
Betriebe legen einfach fest, wann und wie viele junge Menschen sie an einzelnen Tagen in den Sommerferien aufnehmen wollen. Die Plattform macht automatisch Vermittlungsvorschläge. Betrieb und Jugendliche nehmen diese an, damit das Kurzpraktikum stattfinden kann. Inhaltlich können diese Kurzpraktika frei gestaltet werden. Praktikumstage können innerhalb der gesamten Sommerferien in NRW flexibel geplant werden, d. h. im Zeitraum 14.07.2025–26.08.2025.
Direkt mitmachen unter www.praktikumswochen.nrw.
Der WHKT unterstützt mit den anderen Wirtschaftsorganisationen auf Landesebene dieses Vorhaben der Landesregierung und wirkt an der Lenkungsgruppe mit.
Voller Erfolg:
Dritte Werkstatt-Tage im Justizvollzug
Bereits zum dritten Mal fanden in den beiden Justizvollzugsanstalten Heinsberg und Bochum-Langendreer die Werkstatt-Tage statt, zu denen die Handwerkskammern Aachen, Köln, Düsseldorf und Dortmund gemeinsam mit dem Ministerium der Justiz und dem Westdeutschen Handwerkskammertag (WHKT) eingeladen hatten.
Erneut haben rund 20 Vertreterinnen und Vertreter von Handwerksbetrieben die Gelegenheit wahrgenommen und die beruflichen Ausbildungseinrichtungen in den Haftanstalten besucht. Dabei fanden die Betriebsinhaberinnen und -inhaber ausreichend Gelegenheit, um sich fachlich mit dem Ausbildungspersonal und den Inhaftierten auszutauschen. Während sich einige Handwerkerinnen und Handwerker besonders für die Qualität der Ausbildung interessierten, nutzten andere die Werkstatt-Tage, um mit den Inhaftierten konkret über berufliche Perspektiven im Betrieb nach der Haft zu sprechen.
Ergänzt wurde das Gesprächsangebot für die Betriebe um die Ausbildungsberatung der örtlich zuständigen Handwerkskammern, den Arbeitgeberservice der Agenturen für Arbeit und Ansprechpersonen des sogenannten Übergangsmanagements des Justizvollzugs, das auch nach der Entlassung ehemaligen Inhaftierten und Betrieben zur Verfügung steht.
Wie schon in den Vorjahren, ließen einige Betriebe ihren Worten auch diesmal Taten folgen und boten nach dem persönlichen Kennenlernen Inhaftierten, die in Kürze entlassen werden, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit an.
Felix Kendziora, Vizepräsident der HWK Aachen: »Mit den Werkstatt-Tagen haben wir ein sehr wirksames Format entwickelt, um Handwerksbetriebe mit inhaftierten Menschen schon vor der Entlassung zusammenzubringen. Dass der persönliche Kontakt wirkt, sehen wir auch in diesem Jahr daran, dass Betriebe aus dem Baugewerbe, dem Tischlerhandwerk, dem metallverarbeitenden Gewerbe, dem Malerhandwerk, der Kälte- und Klimatechnik, dem Elektrohandwerk und dem Gebäudemanagement einigen Inhaftierten nicht nur konkrete Beschäftigungsangebote unterbreiten, sondern zum Teil inzwischen auch Arbeitsverträge abgeschlossen haben.«
Michael Neuhaus, Vizepräsident der HWK Südwestfalen: »Mich beeindruckt besonders der Werdegang des jungen Inhaftierten aus der JVA Heinsberg, der während seiner Haftstrafe eine Ausbildung als Fachkraft für Metalltechnik absolviert hat und nun im offenen Vollzug untergebracht ist. Der junge Mann ist seit Anfang März in einem Beschäftigungsverhältnis bei einer Metallbaufirma und fährt derzeit jeden Morgen um 5 Uhr 40 Minuten mit dem Fahrrad, um pünktlich bei seiner Arbeitsstelle zu sein. Das Beispiel zeigt: der junge Mann hat Biss, Durchhaltevermögen und den Willen, sein altes Leben hinter sich zu lassen! Und es zeigt einen Betrieb, der seinem Mitarbeiter vertraut, auch wenn das bisherige junge Leben alles andere als geradlinig verlaufen ist.«
Christine Dijks, Deutscher Gewerkschaftsbund Aachen: »Ich habe heute einige Gespräche zwischen Betriebsinhabern sowie Ausbildungsverantwortlichen mit jungen Inhaftierten in der JVA Heinsberg verfolgt. Mein Eindruck ist, dass beide Seiten offen und wertschätzend aufeinander zugehen. Es ist keine Frage, dass die interessierten Handwerksbetriebe, den jungen Menschen eine zweite Chance geben möchten. Besonders beeindruckt hat mich die spürbare Motivation und Freude der Jugendlichen, die durch die Möglichkeit eines greifbaren Neuanfangs ausgelöst wird.«
Anke Benna, Leiterin der JVA Bochum-Langendreer - Berufsförderungsstätte: »In der JVA Bochum-Langendreer - Berufsförderungsstätte - bereiten wir Gefangene gezielt auf die Entlassung vor. Dies erfolgt zum einen dadurch, dass wir eine Anstalt des offenen Vollzuges sind, das heißt unsere Inhaftierten können das Anstaltsgelände nach Ausbildungsende im Rahmen vollzugsöffnender Maßnahmen für bestimmte Zeiten selbstverantwortlich verlassen. Zum anderen bieten wir in 12 verschiedenen Berufen berufliche Qualifizierungen mit unterschiedlichen Anschlussmöglichkeiten an, um sie bei einem möglichst nahtlosen Übergang in Beschäftigung zu unterstützen. Der direkte Kontakt zu Betrieben, wie wir ihn auch bei den Werkstatt-Tagen erleben, ist dabei nicht zu unterschätzen.«
Das Projekt »Handwerk im Hafthaus« basiert auf einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Westdeutschen Handwerkskammertag (WHKT) und dem Ministerium der Justiz NRW. Ziel des Vorhabens ist es, verschiedene Maßnahmen zu erproben und umzusetzen, um Menschen mit Hafterfahrung beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu unterstützen und so einen Beitrag zu einer erfolgreichen Wiedereingliederung zu leisten. Ansprechperson beim WHKT ist Peter Dohmen, peter.dohmen[ ät ]whkt.de, 0211/3007-707. Weitere Informationen unter www.handwerk-im-hafthaus.de.