WHKT-REPORT Ausgabe 03/2025
Liebe Leserinnen und Leser,
in 2025 können die Handwerkskammern auf eine 125-jährige Geschichte ihrer Verantwortung blicken. Das rechtliche Fundament hierfür legte im Juli 1897 die Novelle zur Gewerbeordnung. Dies war die Basis für die Konstituierung der ersten Handwerkskammern im Jahr 1900. Zur Legitimation heißt es in der novellierten Gewerbeordnung von 1897 im § 103: »Zur Vertretung der Interessen des Handwerkes ihres Bezirkes sind Handwerkskammern zu errichten.« Über die Aufgaben einer Handwerkskammer ist im Original zu lesen: »… Regelung des Lehrlingswesens … Förderung des Handwerkes durch tatsächliche Mitteilungen und Erstattung von Gutachten … Wünsche und Anträge, welche die Verhältnisse des Handwerkes berühren, zu beraten und den Behörden vorzulegen, sowie Jahresberichte über ihre die Verhältnisse des Handwerkes betreffenden Wahrnehmungen zu erstatten … Bildung von Prüfungsausschüssen … Die Handwerkskammer soll in allen wichtigen, die Gesamtinteressen des Handwerkes oder die Interessen einzelner Zweige desselben berührenden Angelegenheiten gehört werden. Sie ist befugt, Veranstaltungen zur Förderung der gewerblichen, technischen und sittlichen Ausbildung der Meister, Gesellen und Lehrlinge zu treffen, sowie Fachschulen zu errichten und zu unterstützen.«
Bis heute lassen sich diese Themen gleichfalls in der 1953 in Kraft getretenen Handwerksordnung (HwO) sowie dem Selbstverständnis der Handwerkskammern wiederfinden. Für die Betriebe und für die Handwerkerinnen und Handwerker gilt: Die 125-jährige Geschichte der Handwerkskammern zeigt, dass wirtschaftliche Selbstverwaltung für ein starkes demokratisches Konzept im Mittelstand und eine stabile wirtschaftliche Zukunft steht.
Mit einem Festakt im April 2025 würdigt der WHKT mit den sieben Handwerkskammern dieses 125-jährige Jubiläum in NRW. Gemeinsam mit Spitzenvertreterinnen und Spitzenvertretern aus Politik und Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft schauen wir auf die Geschichte der Handwerkskammern, auf das Heute und vor allem auf die Themen der Zukunft – für das gesamte Handwerk in NRW. Im Mittelpunkt dabei: Transformation, Digitalisierung und KI, Nachhaltigkeit und Europa, Fachkräfte und Bürokratie.
Ihre
WHKT-Präsident Berthold Schröder | Hauptgeschäftsführer Dr. iur. Florian Hartmann
Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften im Land NRW:
Änderung des kommunalen Vergaberechts geplant
Das Land NRW plant, mit dem Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften im Land NRW unter anderem die Vorschriften zum kommunalen Vergaberecht zu verändern. So soll mit dem Entfall des § 26 Kommunalhaushaltsverordnung NRW und mit der gleichzeitigen Einführung von § 75a GO NRW n.F. das gesamte kommunale Vergaberecht aufgehoben werden. Mit der Änderung entfällt die Pflicht für Kommunen, im Unterschwellenbereich bei der Vergabe von Aufträgen über Liefer- und Dienstleistungen die bundesrechtliche Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) und von Aufträgen über Bauleistungen die VOB/A (Abschnitt 1) anzuwenden. Gemeinden müssten im Unterschwellenbereich künftig nur noch nach den allgemeinen Vergabegrundsätzen vergeben (Wirtschaftlichkeit, Effizient, Sparsamkeit, Gleichbehandlung, Transparenz). Erst ab Erreichen der europäischen Schwellenwerte wären Gemeinden verpflichtet, förmlich auszuschreiben. Der § 75a Abs. 2 GO NRW n.F. ermächtigt die Gemeinden zum Erlass von weitergehenden Vergaberegelungen durch Beschluss einer Satzung.
Mit den Änderungen, so die Auffassung des Landes, soll die Unterschwellenvergabe für Kommunen weiter erleichtert und den Kommunen der größtmögliche Handlungsspielraum gegeben werden, wodurch ein erheblicher Beitrag zum Bürokratieabbau geleistet werden soll.
Der Westdeutsche Handwerkskammertag wird sich im Rahmen der bis zum 1. April laufenden Verbändeanhörung ausführlich zum Gesetzentwurf äußern.
Europa:
Europäische Kommission legt Strategie »Union der Kompetenzen« vor
Am 05. März 2025 hat die Europäische Kommission eine weitere strategische Mitteilung vorgelegt. Die »Union der Kompetenzen« befasst sich mit Bildungs- und Arbeitsmarktthemen, also mit Feldern, bei denen das Handwerk besonders aufmerksam nach Brüssel schaut.
Die Mitteilung stellt einleitend unter anderem fest, dass 2/3 der Berufe, für die EU-weit ein Fachkräftemangel festgestellt werden kann, Handwerksberufe sind, die üblicherweise über eine Berufsbildung erlernt werden. Aus dieser und weiteren Herausforderungen leitet die Europäische Kommission ab, dass ein verstärktes Tätigwerden auf EU-Ebene geboten sei. Sie kündigt für das kommende Jahr eine EU-Strategie zur beruflichen Bildung an und eine so genannte »Portabilitätsinitiative«. Letztere könnte das Handwerk intensiv beschäftigen. Es geht im Kern darum, die Arbeitskräftemobilität zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken. Gedacht wird an einen europäischen Abschluss, der in diesem und im nächsten Jahr über Erasmus+ erprobt werden soll. Ferner geht es um Instrumente, die die Transparenz von Kompetenzen (nicht nur Abschlüssen) verbessern und die Anerkennung erleichtern. Ob weitere legislative Maßnahmen ins Auge gefasst werden, soll die Evaluierung der Berufsanerkennungsrichtlinie zeigen.
Die Mitteilung, die eine Reihe weiterer Initiativen umfasst, ist in englischer Sprache unter https://commission.europa.eu/topics/eu-competitiveness/union-skills_de abrufbar.
Duale Ausbildung im Fokus:
WHKT legt umfassende Statistik zu Ausbildungsverhältnissen 2024 vor
Vor wenigen Tagen hat der WHKT die Landesstatistik der Handwerkskammern über Ausbildungsverhältnisse online veröffentlicht. Dieser Statistik ist nicht nur der Gesamtbestand an Ausbildungsverhältnissen (75.392) zu entnehmen, sondern auch die Anzahl der im Jahr 2024 neu abgeschlossenen Ausbildungsverhältnisse (28.145). Der Anteil der kaufmännischen Auszubildenden im Handwerk liegt bei knapp 5 Prozent. Wer wissen will, wie hoch der Anteil der Auszubildenden je Schulabschluss unter den Neuabschlüssen ist, findet die Details ebenso in dieser Statistik. So hatten 22 Prozent die Hochschulreife und 1.182 wurden ohne Schulabschluss ausgebildet.
Die meisten Auszubildenden gibt es im Beruf Kraftfahrzeugmechatroniker/in (13.227), gefolgt von den Berufen Elektroniker/in (10.526) und Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (10.255). Der Statistik ist ebenfalls zu entnehmen, dass zwei Personen im Beruf Metall- und Glockengießer/in ausgebildet werden, von denen eine männlich ist. Auch kann man erkennen, dass es für den eher neuen Beruf »Elektroniker/in für Gebäudesystemintegration« inzwischen 85 Ausbildungsstätten gibt, die mit 133 Personen Ausbildungsverträge abgeschlossen haben, wovon 7 keine deutsche Nationalität hatten. Den Beruf Friseur/in wählten 40 Prozent mit nicht-deutschem Pass, während es im Beruf Kfz-Mechatroniker/in 15 Prozent sind. 756 Personen mit Behinderung wurden nach Ausbildungsregelungen im Handwerk ausgebildet, wovon in 109 Fällen das Ausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst wurde, davon in 18 Fällen in der Probezeit.
Diese Details sind für alle Ausbildungsberufe im Handwerk zu finden unter www.whkt.de/statistik.
WHKT-Ausschuss Berufsbildung:
NRW-Handwerk befasst sich traditionell am Aschermittwoch mit Berufsbildung
Am 5. März 2025 befasste sich der WHKT-Ausschuss Berufsbildung mit sehr aktuellen Themen und bereitete Beschlussvorlagen für die WHKT-Vollversammlung im April vor.
Die Ausschussmitglieder, d.h. Arbeitgeber, Arbeitnehmer sowie Hauptamt der Handwerkskammern hatten eine Reihe von Themen auf der Agenda: die Teilqualifizierung im Handwerk, zu »verkopfter« Unterricht an allgemeinbildenden Schulen und Handlungsoptionen, um dies zu ändern. Ebenso war die berufsabschlussbezogene Validierung, für die die Handwerkskammern seit dem Jahr 2025 zuständig sind, ein Thema sowie das Freiwillige Handwerksjahr.
NRW-Handwerkskammern und WHKT starten Nachhaltigkeits-Kampagne:
»Sei die Veränderung« – Jobs mit Sinn und Zukunft
Am 13. März 2025 haben die nordrhein-westfälischen Handwerkskammern und der WHKT gemeinsam die Nachhaltigkeits-Kampagne »Sei die Veränderung« in den sozialen Netzwerken lanciert. Lou, Liam, Ava und Ben – die KI-generierten Gesichter der Kampagne – gestalten in ihren Berufen als Dachdeckerin, als Anlagenmechaniker SHK, als Bäckerin und als Straßenbauer aktiv die Zukunft mit. Sie sind Zukunftsmacher. Sie setzen sich für nachhaltige Entwicklung ein. Dabei machen sie vieles gut, aber nicht alles richtig. Und das ist okay.
Die Botschaft: Das Handwerk sucht junge Menschen, die Nachhaltigkeit gestalten wollen, die eine sinnvolle Tätigkeit suchen – ohne erhobenen Zeigefinger.
Die Handwerkskammer Dortmund, Federführerin des WHKT-Arbeitskreises »Wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit« hat die Kampagne entworfen. Weitere Informationen zu den Motiven finden Sie unter anderem auf www.hwk-do.de/sei-die-veraenderung.
Kooperation mit dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen:
Handreichung zur Kooperation von Berufsschulen, Ausbildungsbetrieben und ÜBS-Zentren
Die Kooperationshandreichung aus dem Jahr 2013 wird aktuell überarbeitet und soll bald den dualen Partnern für die Ausbildung im Handwerk zur Verfügung gestellt werden. Nachdem sich zunächst das Schulministerium mit den Bezirksregierungen zu notwendigen Änderungen abgestimmt hatte, hat das Handwerk ebenfalls seine Änderungsbedarfe eingebracht, um sowohl die überbetriebliche Ausbildung effizient durchführen zu können als auch den Austausch der dualen Partner zur gemeinsamen Erziehung und Bildung der Auszubildenden zu fördern. Sobald die Kooperationshandreichung veröffentlicht wird, berichtet der WHKT darüber.
MobilityHub Handwerk Nordrhein-Westfalen:
Onlineveranstaltung zum Thema »Förderung des Radverkehrs in Unternehmen und Handwerksbetrieben«
Der MobilityHub Handwerk Nordrhein-Westfalen lud am Donnerstag, den 20. März 2025, in Kooperation mit dem BEMO | IHK-Netzwerkbüro Betriebliche Mobilität NRW, von 15:00 bis 16:30 Uhr zur digitalen Veranstaltung »Förderung des Radverkehrs in Unternehmen und Handwerksbetrieben« ein.
Sara B. Tsudome, Projektleiterin der von der EU geförderten ADFC-Kampagne »Fahrradfreundlicher Arbeitgeber« und Elena Laidler-Zettelmeyer vom »Verband Zukunft Fahrrad« informierten die ca. 60 Teilnehmenden in dieser spannenden Onlineveranstaltung über die Themen »Fahrradfreundlicher Arbeitgeber« sowie »Dienstradleasing«.
Als Best-Practice-Beispiel zum Thema »Fahrradfreundlicher Arbeitgeber« kam Jan Meerheim, Geschäftsführender Gesellschafter der Cervotec GmbH & Co. KG aus Münster, die u. a. Fahrradgaragen herstellt, zu Wort. Über das Thema »Dienstradleasing« berichtete Frank Vorwerk, Geschäftsführer der Heinz Vorwerk GmbH aus Warendorf, der das Angebot bzw. Konzept des »Dienstradleasings« bereits erfolgreich in seinen Betrieb integriert hat. Ein reger Austausch zwischen Referentinnen und Referenten sowie den Teilnehmenden entstand.
Befragung abgeschlossen – Website online:
WHKT-Projekt Machbarkeitsstudie – Wege der Unterstützung für Selbständige im Handwerk während der Schwanger- und Mutterschaft
Die NRW-weite digitale Befragung wurde vom WHKT zusammen mit dem Institut für Mittelstandsforschung (IfM) erfolgreich durchgeführt. Über die sieben Handwerkskammern in NRW antworteten knapp 800 Teilnehmerinnen, von denen 250 während ihrer Selbständigkeit Mutter wurden. Aktuell erfolgt die Auswertung der Daten durch das IfM. Im nächsten Schritt sind vertiefende Interviews mit 130 Teilnehmerinnen geplant.
Zur weiteren Förderung des Austauschs mit allen beteiligten Interessengruppen war das Projekt der Machbarkeitsstudie auf dem Kongress »Zukunft Handwerk« in München vertreten.
Unter dem Motto »Machbarmachen« baut der WHKT die Medienpräsenz des Projektes weiter auf. Seit Anfang März ist die Projekt-Website www.machbarmachen-handwerk.de online. Hier wird über den Verlauf und wichtige Ergebnisse der Studie berichtet. Des Weiteren ist das Projekt nun auch auf der Plattform LinkedIn erreichbar: www.linkedin.com/in/machbarmachen-handwerk.
Das Projekt der Machbarkeitsstudie ist in der AG »Fachkräftepotentiale heben – Erwerbstätigkeit von Frauen in NRW stärken«, die gemeinschaftlich vom MAGS, vom MKJFGFI und von der RD NRW geleitet wird, vertreten. Weitere Teilnehmende repräsentieren den DGB, die IHK Niederrhein und Dortmund (für IHK NRW), unternehmer nrw, die LAG Freie Wohlfahrtspflege, die Freien Berufe NRW und die G.I.B. Gemeinschaftlich wird an einer landesweiten Übersicht zu aktuell bereits laufenden Maßnahmen, Programmen und Projekten zur Stärkung der Frauenerwerbstätigkeit in NRW gearbeitet. Im zweiten Quartal 2025 ist ein Workshop zur Besprechung gemeinsamer Handlungsansätze geplant.
Wichtiges Tool:
anerkennungsberatung-iq.de – Jahresbilanz 2024
Das Förderprogramm IQ − Integration durch Qualifizierung unterstützt Menschen ausländischer Herkunft nachhaltig und passend zu ihrer Berufsqualifikation bei der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt. Ein wichtiges Tool, sowohl für Ratsuchende als auch die IQ Beratenden, ist dabei das vom WHKT entwickelte digitale IQ Beratungsportal anerkennungsberatung-iq.de.
Eine aktuelle Bilanz wertet nun die Ergebnisse des Portals für das vergangene Jahr aus. Ende 2024 wurde die Plattform von 28 der 60 IQ Beratungsstellen in fünf Bundesländern genutzt: Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen, NRW und Rheinland-Pfalz. Bis Dezember 2024 wurden in NRW mit neun IQ Beratungsstellen über 8.700 Beratungen durchgeführt. Bundesweit waren es in den beteiligten Bundesländern über 32.600 Beratungen. Zu den Berufen, die am häufigsten nachgefragt wurden, zählen Ingenieurinnen und Ingenieure, Lehrerinnen und Lehrer sowie Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Diese sowie zahlreiche weitere Zahlen und Fakten sind in der Jahresbilanz aufbereitet. Die Bilanz ist zu finden unter www.iq-nrw-west.de.