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Festakt 125 Jahre Handwerkskammern in NRW

Mit einem Festakt würdigt der WHKT mit den sieben Handwerkskammern das 125-jährige Jubiläum der wirtschaftlichen Selbstverwaltung des Handwerks in NRW im April 2025. Gemeinsam mit Spitzenvertreterinnen aus Politik und Wirtschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft schauen wir auf die Geschichte der Handwerkskammern, auf das Heute und vor allem auf die Themen der Zukunft – für die Mitgliedsbetriebe und für die Handwerkerinnen und Handwerker in NRW. Im Mittelpunkt dabei: Transformation, Digitalisierung und KI, Nachhaltigkeit und Europa, Fachkräfte und Bürokratie.

125 Jahre Stärkung und Unterstützung des regionalen Handwerks

Die sieben nordrhein-westfälischen Handwerkskammern …

Die sieben nordrhein-westfälischen Handwerkskammern …

… können am 01. April 2025 auf ihre 125-jährige Geschichte zurückblicken. Nach der Gründung des ersten deutschen Nationalstaats 1871 wurde in ganz Deutschland eine einheitliche Gesetzgebung eingeführt, die die unterschiedlichen regionalen Rechtsgrundlagen, z.B. mit französischer Prägung, ersetzte. So trat am 01. Januar 1900 etwa das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in Kraft. Die Handwerkskammern erhielten ihre Rechtsgrundlagen durch die Novelle zur Gewerbeordnung am 26. Juli 1897, deren Bestimmungen über die Errichtung von Handwerkskammern zum 01. April offiziell in Kraft traten.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Handels- und Gewerbekammern für das Handwerk zuständig. Dabei kann das Handwerk auf eine lange Tradition der wirtschaftlichen Selbstverwaltung im Zunftwesen des Mittelalters zurückblicken. Bereits zu dieser Zeit bildeten die Meister, selbstständige Handwerker eines bestimmten Gewerbes, die Zunftversammlung und wählten in einigen Städten die Vorsteher der jeweiligen Zunft. 

Aufgrund der mittelalterlichen Herrschaftsordnung ist dies zwar nicht mit den Vollversammlungen der Handwerkskammern vergleichbar, doch ist die Selbstverwaltung seit ihrer Gründung bis heute elementarer Teil der Handwerkskammern. So wurden bereits die konstituierenden Vollversammlungen im April 1900 von Handwerksinnungen und Gewerbevereinen zur Förderung des Handwerks gewählt. 

Heutzutage werden die Vollversammlungen in allgemeiner, gleicher und geheimer Wahl aus Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer im Handwerk gewählt. Die Mitwirkung der letztgenannten wurde schon zum Zeitpunkt der Gründung der Handwerkskammern durch einen Gesellenausschuss geregelt, worin sich die Handwerksorganisation von anderen Kammerorganisationen, die etwa zur selben Zeit entstanden, unterschied und bis heute unterscheidet.

687-Dig96 Firma Hein Derix, Werkstätten für Glasmalerei, Mosaik und Restaurierung, Kevelaer. Foto: RWWA

Firma Hein Derix, Werkstätten für Glasmalerei, Mosaik und Restaurierung, Kevelaer | Foto: RWWA

Wirtschaftspolitische Gründe für die Errichtung der Handwerkskammern

Durch die Gründung der Handwerkskammern …

Durch die Gründung der Handwerkskammern …

… sollte die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft gegenüber ihrer Konkurrenz, vor allem aus Frankreich und Großbritannien, gestärkt werden. Letztgenannte Länder setzten durch, dass deutsche Waren, die als billig und schlecht galten, die Bezeichnung „made in Germany“ tragen mussten. Dass dies heute als weltweites Qualitätsmerkmal gilt, geht auf die Schaffung eines qualitativ hochwertigen Ausbildungssystems im Rahmen der Gesetzgebung von 1897 zurück. Nach dieser sollten die Handwerkskammern als überfachliche Organisation sowohl die Interessen der Betriebe vertreten als auch die Staatsorgane fachkundig zur Förderung des Handwerks beraten. Diese Funktionen prägen bis heute die Arbeit der nordrhein-westfälischen Handwerkskammern: Seit ihrer Gründung setzen sie sich für die Interessen der regionalen Handwerksbetriebe ein, um Wettbewerbsverzerrungen, Probleme bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Benachteiligung von Handwerksbetrieben entschieden zu vermeiden.

Zudem nahmen die Handwerkskammern …

Zudem nahmen die Handwerkskammern …

… im Verlauf der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts konstant hoheitliche Aufgaben als Instrument der wirtschaftlichen Selbstverwaltung wahr, etwa die Berufung von Sachverständigen. Sowohl während des Kaiserreichs, der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus als auch in der Bundesrepublik waren und sind sie zuständig für Gesellen- und Meisterprüfungen. Allerdings wurde die demokratische Selbstverwaltung der Kammern sofort nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten beseitigt, ehe sie ab 1942 aufgelöst und gemeinsam mit den Wirtschaftskammern sowie den Industrie- und Handelskammern zu sogenannten Gauwirtschaftskammern zusammengefasst wurden.

687-Dig24 Überregionale Meisterschule für das Maler-Handwerk, Detmold, 1924/25. Foto: RWWA

Überregionale Meisterschule für das Maler-Handwerk, Detmold, 1924/25. Foto: RWWA

687-Dig25 Uhrmacherwerkstatt Schmeltzer, Duisburg, ca. 1900. Foto: RWWA

Uhrmacherwerkstatt Schmeltzer, Duisburg, ca. 1900. Foto: RWWA

687-Dig5 Steinbildhauermeister Wilhelm Mickerts auf der Werkkunstschule Krefeld, 1919. Foto: RWWA

Steinbildhauermeister Wilhelm Mickerts auf der Werkkunstschule Krefeld, 1919. Foto: RWWA

687-Dig104 Bäckerei Hauser, Krefeld. Foto: RWWA

Bäckerei Hauser, Krefeld. Foto: RWWA

687-Dig91 Schornsteinfeger-Meisterprüfungslehrgang, Düsseldorf, 1924. Foto: RWWA

Schornsteinfeger-Meisterprüfungslehrgang, Düsseldorf, 1924. Foto: RWWA

Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Sommer 1945 …

Im Sommer 1945 …

… wurden die Kammern neugegründet und arbeiteten unter schwierigen Bedingungen, allerdings nicht in ihren originären Aufgaben wie dem Prüfungswesen oder Gewerberechtsangelegenheiten. Stattdessen beschäftigten sie sich mit Rohstoffzuteilungen, der Überprüfung von selbstständigen Handwerkern hinsichtlich ihrer Vergangenheit und Aktivitäten im Nationalsozialismus und dem (Wieder-)Aufbau von Innungen und Kreishandwerkerschaften. 

Kurz vor der Entstehung des Landes Nordrhein-Westfalens werden die Handwerkskammern in der „Verordnung über den Aufbau des Handwerks“ des von der britischen Militärregierung eingesetzten Zentralamts für Wirtschaft als Körperschaften des öffentlichen Rechts bestätigt, dessen Rechtsform sie bis heute haben. 

In der neugegründeten Bundesrepublik wird dieser Status durch die neue Handwerksordnung 1953 bestätigt. Das Gesetz ordnet zudem die Berufsbildung und das Prüfungswesen. In den letzten Jahrzehnten wurde die Handwerksordnung immer wieder ergänzt und angepasst, allerdings blieben die 1953 in Kraft getretenen Grundsätze wie die rechtliche Regulierung, die ehrenamtliche Selbstverwaltung sowie die fachliche und räumliche Gliederung des Handwerks bis heute bestehen.

350-F641-002 Schlosserin demonstriert verschiedene Arbeitsgänge im Schlosser-Handwerk, ca. 1960. Foto RWWA/ Center Press

Schlosserin demonstriert verschiedene Arbeitsgänge im Schlosser-Handwerk, ca. 1960. Foto RWWA/Center Press

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Maßschneiderwerkstatt Westhoff, Düsseldorf, 1949. Foto: RWWA/Fuhrmann, Düsseldorf

Auch die Arbeit der Kammern …

Auch die Arbeit der Kammern …

… hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. So wuchs die Bedeutung des Bildungsbereichs für ihre Tätigkeit, sie führten regelmäßige Meisterfeiern ein und erweiterten auch das Dienstleistungsangebot für ihre Mitgliedsbetriebe, etwa durch den Auf- und Ausbau der kammereignen, unabhängigen Betriebsberatungen. 

Unterstützten diese ihre Mitgliedsbetriebe 100 Jahre nach Errichtung der Handwerkskammern bei Fragen zu Internet- und Telefax-Zugang, um daraus strategische und operative Maßnahmen für ihre hoheitlichen Aufgaben abzuleiten, so beschäftigen sich die Kammern zum 125. Jubiläum mit der Integration von Künstlicher Intelligenz, nachhaltigem Wachstum und Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung. 

Es bleibt spannend, auf welche Themen sich die Arbeit der Kammern 2050 fokussieren wird, um das Handwerk als vielseitigsten Wirtschaftsbereich Nordrhein-Westfalens erfolgreich zu vertreten und zu stärken.

350-F208 Schlosserlehrlinge in der Berufsschule beim Erlernen des Schweißens, 1957. Foto: RWWA/Otto Lohnisch, Bremen

Schlosserlehrlinge in der Berufsschule beim Erlernen des Schweißens, 1957. Foto: RWWA/Otto Lohnisch, Bremen

Mehr über die 125-jährige Geschichte der Handwerkskammern und die Entstehung des Handwerks:

Mehr über die 125-jährige Geschichte der Handwerkskammern und die Entstehung des Handwerks:

Verlag Wirtschaft und Bildung, Ritterstraße 21, 52072 Aachen.100 Jahre Handwerkskammer Aachen

Lohage, Gerhard: Auftrag und Verwirklichung. 100 Jahre Handwerkskammer Arnsberg, Olsberg 2000

Artikel über der Handwerkskammer OWL zu Bielefeld zur 125-jährigen Geschichte

Digitale Chronik: Jubiläum des Wandels – 125 Jahre HWK Dortmund, Interaktive und dynamische Geschichtskommunikation

Handwerkskammer Dortmund (Hrsg.): Handwerk und Montanregion. 100 Jahre Handwerkskammer Dortmund, Dortmund 2000

Elkar, Rainer S., Mayer, Werner: Handwerk – Eine Karriere. Handwerk an Rhein und Ruhr im 20. Jahrhundert, Düsseldorf 2000

1933 bis 1953: Zweiter Weltkrieg und Wirtschaftswunder, Artikel von Dr. Werner Mayer

Kind, Werner: 100 Jahre Handwerkskammer zu Köln, hrsg. Von der Handwerkskammer zu Köln, Köln 2000

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Klasse der Konditoren-Fachschule Wolfenbüttel, 1936. Foto: RWWA/Isensee & Kleimann, Wolfenbüttel